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Was ist „Tauchen“?

Wenn Referendar:innen vom „Tauchen“ reden, meinen sie nicht kristallklares Wasser und bunte Fische. Vielmehr sprechen sie von einer mehrmonatigen Auszeit während der Anwalts- oder Wahlstation, um sich auf das 2. Staatsexamen vorzubereiten.

Sollte ich auf Tauchstation gehen und kann ich meinen Arbeitgeber offen darauf ansprechen?

Ihr könnt nur selbst beurteilen, ob ihr die Lernzeit wirklich benötigt. Die große Mehrheit der Referendar:innen, die nicht tauchen, schaffen das zweite Examen. Bei ihnen handelt es sich aber in der Regel auch um diejenigen, die bereits ein überdurchschnittliches erstes Examen hingelegt haben.

Hier findet ihr zwei Erfahrungsberichte zum Thema „Tauchen“ für euch – Taucher und Nichttaucher.  

Seid euch auf jeden Falle bewusst: In den Prüfungsordnungen ist eine Auszeit zum Lernen nicht vorgesehen, Tauchen ist also nicht gestattet. Dementsprechend begebt ihr euch mit der Frage nach dem Tauchen beim Arbeitgeber auf dünnes Eis. Da die potenziellen Ausbilder:innen aber in aller Regel selbst Referendar:innen waren, wissen sie, dass die Praktik nicht unüblich ist.

Sollte ich vor dem zweiten Examen ein Repetitorium besuchen?

Ob der Besuch eines Repetitoriums sinnvoll ist, kann jeder nur für sich selbst entscheiden. Die Vorteile eines Reps sind die gleich wie auf dem Weg zum 1. Anders als vor dem 1.Examen finden die Kurse zum 2. Examen eher abends oder an Wochenenden statt, damit es mit den dienstlichen Verpflichtungen vereinbar ist.

Welche Literatur brauche ich?

Standardwerke für die Zivilstation sind der Knörringer - Die Assessorklausur im Zivilprozess und der umfangreichere Anders/Gehle - Das Assessorexamen im Zivilrecht. Alternativ zu den Lehrbüchern gibt es die Kaiserskripte - Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen I sowie II.  Zum Zwangsvollstreckungsrecht gibt es das Kaiserskript - Die Zwangsvollstreckungsklausur im Assessorexamen oder alternativ das Skript von Alpmann Schmidt - Vollstreckungsrecht in der Assessorklausur

Im Gegensatz zur Zivilstation gibt es für die Strafstation keine Standardwerke. Zur Staatsanwaltsklausur bietet sich u.a. das Kaiserskript - Die Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen an. Zum Revisionsrecht führt am Russack - Die Revision in der strafrechtlichen Assessorklausur kein Weg vorbei.  

Empfehlenswerte Bücher für die Verwaltungsstation sind u.a. der Kintz - Öffentliches Recht im Assessorexamen sowie das Kaiserskript - Die öffentlich-rechtliche Klausur im Assessorexamen.

Wann absolviert man die zweite juristische Prüfung?

Zum Ende des Vorbereitungsdienstes beginnt die „zweite juristische Staatsprüfung“, wie das 2. Examen offiziell heißt. Je nach Bundesland werdet ihr zwischen sieben und elf Klausuren schreiben. Bundeslandabhängig werden die Klausuren gewöhnlich am Ende oder nach der Rechtsanwaltsstation geschrieben. In NRW werden die Aufsichtsarbeiten z.B. im Laufe des 21. Ausbildungsmonats geschrieben. Habt ihr die Klausuren gemeistert, schließt sich etwa vier Monate nach der Klausurphase, also zum Ende der Wahlstation, die mündliche Prüfung an. Mit der Ladung erhaltet ihr, wie auch bereits im ersten Examen, neben dem Termin auch die Ergebnisse der Klausuren.

Aus welchen Prüfungsleistungen besteht das zweite Staatsexamen?

Neben dem materiellen Stoff umfasst die Assessorenprüfung das Prozessrecht. Ihr werdet in den Klausuren der zweiten Staatsprüfung Urteile oder andere richterliche Entscheidungen verfassen oder einen Sachverhalt aus anwaltlicher Perspektive bearbeiten. 

In den Zivilrechtsklausuren müsst ihr die Perspektive von Rechtsanwält:in und Richter:in einnehmen. Im Strafrecht dürft ihr euch etwa an einer Anklage als Staatsanwält:in und an einer Revision versuchen, in der oftmals die Stecknadel – der Revisionsgrund – in dem Heuhaufen des Hauptverhandlungsprotokolls versteckt ist. Abschluss sind die Klausuren des öffentlichen Rechts, auch aus den Perspektiven von jeweils Rechtsanwält:in und Richter:in.

Hier findet ihr eine Übersicht, welche euch die genaue Zahl der Klausuren pro Fach und Bundesland zeigt: 

https://www.lto.de/karriere/jura-referendariat/klausuren

Die mündliche Prüfung setzt sich aus dem Aktenvortrag und dem Prüfungsgespräch zusammen. Je nach Bundesland hat sie einen Anteil an der Gesamtnote von 25% bis 40%.  

Auf eine mündliche Prüfung habt ihr euch bereits für das erste Staatsexamen vorbereitet. Entscheidender Unterschied zum zweiten ist der Aktenvortrag, in dem ihr innerhalb einer vorgegebenen Zeit ein durchaus umfangreiches Aktenstück bearbeiten müsst, um anschließend in einem kurzen Vortrag der Prüfungskommission einen Lösungsvorschlag zu präsentieren. Es folgt das Prüfungsgespräch im öffentlichen Recht, dem Zivil- und Strafrecht. Diese Fülle an Inhalten führt dazu, dass die mündliche Prüfung, die gewöhnlich im Laufe des Morgens beginnt, bis in den späten Nachmittag andauern kann.

Wie hoch ist die Durchfallquote / Zahl der Prädikatsexamina?

Im Vergleich zur ersten Prüfung fällt die Durchfallquote in der zweiten Staatsprüfung wesentlicher geringer aus. 2018 lag sie bundesweit bei 12,8 %. Eine Prädikat erreichten 19,5% aller Teilnehmer:innen. 

Aber verschaffe dir doch selbst einen Überblick - Eine Statistik zur zweiten Juristischen Prüfung findest du hier: https://www.lto.de/jura/referendariat-zahlen/zweite-juristische-staatspruefung/ 

Dort kannst du auch Bundesländer und Jahrgänge vergleichen.

Wann bekomme ich die Ergebnisse der zweiten Staatsprüfung?

Die Abläufe sind denen des 1. Examens gleich. Mit der Ladung zur mündlichen Prüfung erhältst du die Ergebnisse des schriftlichen Teils. Sofort im Anschluss an die mündliche Prüfung erhältst du neben deiner Note für den mündlichen Teil sodann auch die Gesamtnote.

Das Zweite Staatsexamen lief nicht so wie erwartet – lohnt sich ein Verbesserungsversuch?

Letztlich kann jeder nur für sich selbst die Entscheidung treffen, ob er einen Verbesserungsversuch in Angriff nehmen möchte. In der Regel bleibt euch nur eine kurze Bedenkzeit. So müsst ihr z.B. in NRW den Antrag innerhalb von drei Monaten stellen, nachdem ihr das Ergebnis erhalten habt, vgl. § 56a Abs. 1 S. 2 JAG NRW

Den Antrag müsst ihr schriftlich stellen und den gewünschten Klausurmonat nennen. Schöpft ihr die 3-Monatsfrist voll aus, werdet automatisch zum übernächsten Monat zu den Klausuren geladen. 

Ihr müsst dann die gesamte Prüfung erneut ablegen. Einzelne Prüfungen könnt ihr euch also nicht anrechnen lassen. Die mündliche Prüfung findet wieder etwa 4 Monate nach der Klausurphase statt. 

Euer Berufseinstieg muss sich durch einen Verbesserungsversuch nicht zwangsläufig verschieben. Ihr werdet im Rahmen eines Verbesserungsversuchs nicht wieder in den Vorbereitungsdienst aufgenommen.  Es kommt durchaus vor, dass sich Kandidaten mit ihrem ersten Examensergebnis schon erfolgreich bewerben und für den zweiten Versuch Urlaub nehmen.

Erfahrungsberichte und Sichtweisen haben wir hier für euch:  

https://www.lto.de/recht/studium-referendariat/s/zweites-staatsexamen-wiederholen-verbesserungsversuch-noten-kanzleien/

Welche Gebühren fallen für den Verbesserungsversuch an?

Umsonst ist ein Verbesserungsversuch leider nicht. Je nach Bundesland variiert die Gebühr. Für die Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung zum Zweck der Notenverbesserung wird z.B. in NRW derzeit eine Gebühr in Höhe von 750 Euro fällig, vgl. § 2 JAGebO.

Was passiert, wenn ich die zweite Staatsprüfung bestanden habe?

Wenn ihr die Assessorprüfung bestanden habt, dürft ihr euch fortan „Volljurist:in“ nennen und habt damit den Endgegner besiegt – Gratulation! Mit Bestehen der mündlichen Prüfung endet das Ausbildungsverhältnis und damit auch die Vergütung. Die Unterhaltsbeihilfe wird in der Regel bis zum Ende des Prüfungsmonats der zweiten juristischen Staatsprüfung gezahlt. Dem Einstieg ins Berufsleben steht nichts mehr im Wege.

Wie geht es weiter, wenn ich die Staatsprüfung bestanden habe?

Erstmal ladet ihr eure Freunde und Familie ein und lasst euch angemessen feiern. Herzlichen Glückwunsch! 

Tretet ihr nicht sofort den ersten Job an, solltet ihr euch für die Übergangszeit Arbeitslosengeld sichern.  Dazu meldet ihr Euch bereits drei Monate vor Ende des Referendariats beim Arbeitsamt als arbeitssuchend, vgl. § 38 Abs. 1 SGB III. Nach Bestehen der mündlichen Prüfung meldet ihr Euch dann als arbeitslos. 

Ein wenig „Papierkrieg“ müsst ihr dafür in Kauf nehmen. Wer den aber einmal erfolgreich hinter sich gebracht hat und die Jobsuche aktiv betreibt, der hat nach dem zweiten Examen ein Jahr Anspruch auf ALG I – und so lang dauert es ja hoffentlich nicht.

Was passiert, wenn ich die zweite Staatsprüfung nicht bestanden habe?

Durch das 2. Staatsexamen zu fallen ist ein ziemlicher Schock. Aber es gibt eine zweite Chance: die „Elefantenrunde“. Die offizielle Bezeichnung ist etwas sperriger: „Ergänzungsvorbereitungsdienst“. Die Teilnehmer:innen werden gezielt unterstützt und sollen sich voll und ganz auf den zweiten Versuch konzentrieren. Schließlich hat der Staat bis dahin eine Menge Ressourcen in euch investiert und der Nachwuchs an Volljurist:innen bleibt seit Jahren hinter dem Bedarf. 

Die Ausgestaltung und Dauer der Elefantenrunde variiert im Detail von Bundesland zu Bundesland. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Lage in Nordrhein-Westfalen, gelten aber in ähnlicher Form auch für die übrigen Länder. 

In NRW geht es für vier Monate in die Verlängerung, von denen die ersten drei zur Vorbereitung und der letzte für die Examensklausuren genutzt werden. In dieser Zeit ist der Repetent:innen einer Ausbilderin oder einem Ausbilder seiner Wahl zugewiesen. Daneben findet eine Repetenten-Arbeitsgemeinschaft (AG) statt. Die Teilnahme ist freiwillig. Der Fokus liegt darauf, Original-Examensklausuren aus der Vergangenheit zu schreiben und intensiv zu besprechen. 

Solltet ihr ihr diese Zeit zu kurz finden, könnt ihr die Vorbereitungszeit auf mindestens neun Monate verlängern. Dafür müsst ihr euch jedoch aus dem Vorbereitungsdienst entlassen lassen, mit der Folge, dass ihr einer sechsmonatigen Sperre zur Wiedereinstellung unterliegt und in dieser Zeit keine Bezüge mehr erhaltet.

Bekomme ich während des Ergänzungsvorbereitungsdienstes weiterhin eine Vergütung?

Manche Länder kürzen den Referendar:innen die Unterhaltsbeihilfe in dieser Zeit. So wird in NRW die Unterhaltsbeihilfe grds. bis zum Ende des Prüfungsmonats der zweiten juristischen Staatsprüfung gezahlt und wird – außer in Härtefällen wie einer schweren Erkrankung - bei Nichtbestehen um bis zu 15 % gekürzt werden.

Was passiert, wenn man ein zweites Mal durch die zweite Staatsprüfung fällt?

Scheitert auch der Wiederholungsversuch, gibt es immer noch Resthoffnung: Den „Gnadenversuch / Härtefallantrag“.  Unter welcher Voraussetzung der möglich ist, ist länderabhängig.  

In NRW beispielsweise kann die Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes auf Antrag die nochmalige Wiederholung gestatten, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Eine erneute Aufnahme in den Vorbereitungsdienst und in das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis erfolgt in einem solchen Falle jedoch nicht, vgl. § 59 JAG NRW. Dementsprechend erhält man keine Unterhaltsbeihilfe mehr.

Was macht man, wenn man endgültig durch die zweite Staatsprüfung gefallen ist?

Ohne zweites Staatsexamen kann man zwar weder Richter noch Rechtsanwalt werden, aber es stehen immer noch eine ganze Menge Jobs offen, für die das erste Examen reicht: zum Beispiel in den Rechtsabteilungen von Unternehmen oder Organisationen, in Behörden oder in der Politik. Auch eine akademische Weiterbildung mit LL.M.-Abschluss oder eine Promotion sind nicht ausgeschlossen.